Ausgabe 1/2025
INHALT
Editorial
Wirtschafts-News
- Wirtschaft wächst stärker als erwartet
- Was bedeutet Trumps Sieg für Japan?
- Wird Indien bald vor Japan drittgrößte Volkswirtschaft der Welt?
- Japans Großhandelsinflation steigt weiter – Zinserhöhung wahrscheinlicher
- LDP und DPP beschließen Wirtschaftspaket
- Chinas Staatsanleihen dotieren erstmals unter denen Japans – droht eine „Japanisierung"?
Umwelt-News
- Tokios Stadtverwaltung investiert trotz Kritik weiter in Wasserstoff
- Erneute Diskussion um die Kernenergie nach Erdbeben auf der Noto-Halbinsel
- Atomreaktor im Katastrophengebiet von 2011 wenige Tage nach Wiederanfahren erneut ausgeschaltet”
- Bis 2030 sollen alle neuen Autos mit Biokraftstoff betrieben werden können
- Perowskit-Solarstrategie: 20 GW Kapazität bis 2040 geplant
- Stadtregierung von Tokio startet weltweit erste Handelsplattform für grünen Wasserstoff
Rückblick
- DJW Symposium in Tokyo, 05.11.2024
- „Efficiency First! Approaches to Energy Efficiency in Japan and Germany“, Online-Vorlesung, 13.11.2024
- Osnabrücker Startup Seedalive gewinnt Preis auf der TechBIZKON in Tokyo, 09.12.2024
Terminvorschau
Ich hoffe Sie sind alle gut ins Neue Jahr gestartet!
Spät im Dezember erreichte uns die Nachricht, dass die zu Jahresbeginn von der japanischen Regierung eingerichtete Kommission ein Strategiepapier für die neue Energiepolitik Japans vorgelegt hat. Der Anteil der Kernkraft an der Stromerzeugung soll demnach bis 2040 von derzeit 8,5 % auf 20 % gesteigert werden, was den Neubau oder die Wiederinbetriebnahme von 17 Reaktoren erfordern würde. Immerhin soll der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung im gleichen Zeitraum auf 40 bis 50 % ausgebaut werden, was ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Niveau des Jahres 2023 wäre, das bei 23 Prozent lag. Das Strategiepapier empfiehlt „die Nutzung erneuerbarer Energien als Hauptstromquelle zu maximieren“. (tagesspiegel, 18.12.2024) Insgesamt ist die Zielsetzung in Bezug auf die Erneuerbaren jedoch wenig ambitioniert, bei der Kernkraft hingegen sehr optimistisch.
Wir sind gespannt, wie die Expertinnen und Experten des German-Japanese Energy Transition Councils darüber diskutieren werden, die sich Mitte Februar in Tokyo zu Ihrer nächsten Ratssitzung treffen werden.
Um wie viel intensiver und ergebnisreicher persönliche Begegnungen im Vergleich zu Videokonferenzen sind, wurde mir zuletzt einmal mehr klar, als ich im November in Tokio war. In den zahlreichen Gesprächen mit langjährigen Partnern und neueren Kontakten wurde auch deutlich: es gibt noch so viel Potenzial für die deutsch-japanische Zusammenarbeit in so vielen Bereichen, von der Wasserstoffwirtschaft und Circular Economy über den wissenschaftlichen Austausch zu Politiken der Energiewende bis hin zur Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion von morgen.
Das hat mich darin bestärkt, dass wir bei ECOS auf dem richtigen Weg sind mit unserem Motto: „Powering Sustainability and German-Japanese Cooperations“!
In diesem Sinne freue ich mich auf weitere Begegnungen und gemeinsame Projekte im Jahr 2025.
Johanna Schilling
Wirtschaft wächst stärker als erwartet
Japans Wirtschaft wuchs im dritten Quartal 2024 annualisiert um 0,9 % und übertraf damit die Expertenerwartungen von 0,7 %.
Der private Konsum stieg mit 0,9 % im Vergleich zum Vorquartal überraschend stark, während die Ausrüstungsinvestitionen leicht fielen und der Beitrag der Nettoexporte negativ war. Im zweiten Quartal war das BIP noch um 2,2 % gewachsen, eine Revision gegenüber den ursprünglich gemeldeten 2,9 %.
Ökonom Matthias Krieger betont, dass der starke Konsum vor allem auf hohe Lohnsteigerungen im Frühjahr und Sommer zurückzuführen sei. Diese kompensierten jedoch nicht vollständig die inflationsbedingten Kaufkraftverluste, weshalb zukünftig ein vorsichtigeres Konsumverhalten zu erwarten sei. Insgesamt zeigt sich eine Verlangsamung des japanischen Wirtschaftswachstums, verstärkt durch globale wirtschaftliche Risiken.
(Quelle: cash, 15.11.2024)
Was bedeutet Trumps Sieg für Japan?
Die US-Präsidentschaftswahl 2024 endete überraschend schnell mit einem Sieg von Donald Trump über die amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris. Die wirtschaftlichen Folgen von Trumps Rückkehr ins Amt könnten für Japan erheblich sein.
Beobachter wie Kuni Miyake, Präsident des Foreign Policy Institute und Sonderberater am Canon Institute for Global Studies, sehen Trumps Sieg weniger als seinen eigenen Erfolg, sondern vielmehr als eine Niederlage der amtierenden Administration. Harris konnte sich zwar nach Joe Bidens Rückzug geschickt neu positionieren, doch politische Schwächen und Misstritte führten letztlich zu ihrer Niederlage. Die Konsequenzen dieser Wahl für die US-Politik sind erheblich, da Trump nun mit einer republikanischen Mehrheit in beiden Kammern und im Supreme Court regiert.
Die wirtschaftlichen Folgen von Trumps Rückkehr ins Amt könnten für Japan erheblich sein. Richard Katz, Herausgeber von Japan Economic Watch, warnt, dass Trumps angekündigte Importzölle von 60 % auf chinesische Waren und 10 % auf Produkte aus anderen Ländern Japans exportabhängige Wirtschaft stark belasten könnten. Viele japanische Exporte hängen indirekt vom Handel anderer asiatischer Länder mit den USA ab. Zusätzlich könnten Trumps inflationsfördernde Maßnahmen wie Zölle und Steuersenkungen die US-Notenbank zu Zinserhöhungen zwingen, was den Yen weiter schwächen würde. Gleichzeitig birgt seine isolationistische und protektionistische Politik geopolitische Risiken, da sie Konflikte in Asien verschärfen und die Polarisierung der US-Wählerschaft weiter verstärken könnte.
Auch die strategischen Herausforderungen für die US-japanische Allianz stehen im Fokus. Kuni Miyake beschreibt die Wiederwahl Trumps als eine Zäsur, die das Ende der Ära des „American Exceptionalism“ einleiten könnte. Trumps unberechenbare Sicherheits- und Außenpolitik könnte die Machtbalance in der Indo-Pazifik-Region zugunsten Chinas verschieben, insbesondere da Trump in seiner ersten Amtszeit Sanktionen gegen chinesische Unternehmen oft durch wirtschaftliche Deals ersetzte. Dennoch gibt es Hoffnung: Die japanische Außenpolitik verfügt über erfahrene Kräfte aus der ersten Trump-Administration, und die Bedeutung der Allianz dürfte auch in der neuen Trump-Regierung nicht unterschätzt werden. Angesichts dieser Entwicklungen bleibt Japans Regierung gefordert, ihre Interessen strategisch zu sichern und auf die veränderte globale Dynamik zu reagieren.
(Quellen: The Japan Times, 07.11.24; Japan Economy Watch, 10.11.24)
Wird Indien bald vor Japan drittgrößte Volkswirtschaft der Welt?
Indien könnte in den kommenden Jahren Japans Platz als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt einnehmen und damit die globale Wirtschaftsdynamik verändern.
Indiens Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte in den kommenden Jahren das von Japan überholen und zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wird dies voraussichtlich 2025 geschehen, während S&P Global Ratings das Jahr 2030 als wahrscheinlichen Zeitpunkt nennt.
Im Jahr 2023 lag das BIP Indiens bei 3,55 Billionen Dollar, während Japans bei 4,22 Billionen Dollar lag. Indien wächst mit einer prognostizierten Rate von 7 % im Jahr 2024, während Japan nur 0,3 % Wachstum erwartet.
Dieser Aufstieg Indiens wird durch die schwache Währung Japans begünstigt, da der Yen im Vergleich zum Dollar erheblich abgewertet wurde, während die indische Rupie nahezu stabil blieb. In Kaufkraftparität (PPP) liegt Indien bereits als die drittgrößte Volkswirtschaft vor Japan. Die relativ schnelle wirtschaftliche Entwicklung Indiens seit etwa 2000, im Gegensatz zur langanhaltenden Deflation und Rezession in Japan, trägt ebenfalls zu dieser Veränderung bei.
Allerdings warnen Experten, dass diese Veränderung nicht ohne Risiken ist. Obwohl das nominale BIP von Indien wächst, bleibt das BIP pro Kopf in Indien mit rund 2.500 Dollar immer noch weit unter dem von Japan (34.000 Dollar). Ein potenzielles Wirtschaftswachstum in Indien könnte durch Probleme wie eine schwache Bankenbranche oder steigende Lebensmittelpreise behindert werden, was die Zeitachse für das Überholen Japans verzögern könnte.
Trotz dieser Herausforderungen zeigt Indiens Wachstum das Potenzial, Japan in naher Zukunft zu überholen, wobei Experten jedoch betonen, dass die politischen und globalen wirtschaftlichen Veränderungen, wie die Wahl von Donald Trump in den USA, den genauen Zeitpunkt dieses Umschwungs beeinflussen könnten.
(Quelle: The Japan Times, 12.11.24)
Japans Großhandelsinflation steigt weiter – Zinserhöhung wahrscheinlicher
Die anhaltend hohe Inflation in Japan führt zu steigenden Großhandelspreisen und erhöht den Druck auf die Zentralbank, die Zinspolitik weiter anzupassen.
Die Großhandelsinflation in Japan hat sich im Oktober auf 3,4 % beschleunigt, höher als die erwarteten 3,0 %, wie Daten der Bank of Japan (BOJ) zeigen. Hauptursachen sind ein schwacher Yen, der Importkosten treibt, sowie steigende Preise für Reis, Nichteisenmetalle, Lebensmittel und Öl. Dies erhöht den Druck auf Unternehmen, trotz einer gedämpften Konsumnachfrage mit steigenden Rohstoffkosten zurechtzukommen.
Nach der Abschaffung der negativen Zinsen im März und einer Zinserhöhung auf 0,25 % im Juli könnte die BOJ angesichts anhaltender Inflationsrisiken und moderater Lohnsteigerungen erneut handeln.
(Quelle: The Japan Times, 13.11. 24)
LDP und DPP beschließen Wirtschaftspaket
Die Liberaldemokratische Partei (LDP) und die Demokratische Partei für das Volk (DPP) haben am 20. November eine bedeutende wirtschaftspolitische Vereinbarung getroffen.
Das umfassende Wirtschaftspaket sieht die Anhebung der Einkommensteuerschwelle von 1,03 Millionen Yen und mögliche Maßnahmen zur Erhöhung des Nettoeinkommens vor.
Diese Annäherung signalisiert potenzielle politische Verschiebungen im japanischen Parlament. Die Kooperation könnte der LDP helfen, ihre parlamentarische Mehrheit nach dem Verlust der Regierungsmehrheit mit dem Komeito-Partner zu stabilisieren. Die Parteispitzen verhandelten seit dem 12. November und trafen eine Vereinbarung, die Maßnahmen aus dem Wahlkampf der DPP vom 27. Oktober aufgreift.
Der Vorsitzende der DPP, Yuichiro Tamaki, bleibt bei seinem Ziel, bei der anstehenden Abstimmung für das Amt des Premierministers zu kandidieren. Seine Partei fordert zusätzlich eine Senkung der Mehrwertsteuer auf 5%, eine Erhöhung des Steuerfreibetrags und Reduzierung der Sozialabgaben für jüngere Menschen.
Die Gespräche zwischen LDP und DPP sollen fortgesetzt werden, wobei die DPP betonte, Entscheidungen zur politischen Zusammenarbeit nur fallweise zu treffen. Kritische Punkte bleiben offen, insbesondere die mögliche Abschaffung von Gesundheitskostenentlastungen für ältere Bürger und die Auswirkungen von Steuererleichterungen auf Japans Klimaziele.
Der Nachtragshaushalt soll dem außerordentlichen Parlament, das am 28. November einberufen wird, vorgelegt werden. Die Einigung markiert einen wichtigen Schritt in den politischen Verhandlungen und zeigt das Bemühen beider Parteien, wirtschaftspolitische Herausforderungen gemeinsam anzugehen.
(Quelle: The Japan Times, 31.10.24; Asahi Shimbun, 20.11.24)
Chinas Staatsanleihen dotieren erstmals unter denen Japans – droht eine „Japanisierung"?
Die sinkenden Renditen chinesischer Staatsanleihen deuten auf eine mögliche wirtschaftliche Stagnation hin, die an Japans „verlorene Jahrzehnte“ erinnert.
Im November lagen Chinas langfristige Anleiherenditen erstmals unter denen Japans. Die Rendite 30-jähriger chinesischer Staatsanleihen fiel auf 2,21 %, während japanische Anleihen auf 2,27 % stiegen.
Dies reflektiert eine wachsende Sorge vor einer tief verwurzelten Deflation in China, die durch Zinssenkungen und Investitionen in sichere Anlagen verstärkt wird. Trotz milliardenschwerer Konjunkturpakete und Anleihekäufe ist die Nachfrage nach chinesischen Aktien und Immobilien weiterhin schwach, während die Märkte auf weitere Stimuli hoffen.
Analysten vergleichen Chinas Lage mit Japans "verlorenen Jahrzehnten" nach dem Platzen der Immobilienblase in den 1990er-Jahren. Mit einer Kerninflation von nur 0,2 % im Oktober scheinen Pessimismus und geringe Wachstumserwartungen die Bondmärkte zu dominieren. Zwar hat Peking in Technologie- und Umweltsektoren investiert, doch ohne eine Stärkung des Konsums und einen Rückgang der Investitionen könnten die Deflationsrisiken weiter zunehmen. Experten warnen, dass Chinas anhaltende Deflation den globalen Finanzmärkten eine neue Realität aufdrängt, während der Rest der Welt mit Inflationsrisiken kämpft.
(Quelle: Financial Times, 29.11.24)
Tokios Stadtverwaltung investiert trotz Kritik weiter in Wasserstoff
Trotz wachsender Kritik setzt Tokio weiterhin auf Wasserstofftechnologie, um eine nachhaltige Energiezukunft zu gestalten.
Die Tokioter Stadtverwaltung hat sich ehrgeizige Ziele für eine Wasserstoff-basierte Gesellschaft bis 2050 gesetzt. Die umfassende Vision sieht den Einsatz in allen Bereichen wie Heizung, Energiespeicherung und Verkehr vor. Doch Experten zweifeln an der Wirtschaftlichkeit und Effizienz.
Bis April 2024 verfügte die Stadt bereits über 21 Wasserstoff-Tankstellen, davon 13 für Busse, und plant die Ausweitung der Infrastruktur. Die Stadt investiert weiter massiv in Wasserstoffprojekte, mit einem Budget von 20,3 Milliarden Yen für das Fiskaljahr bis März, was eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 11,4 Milliarden Yen darstellt. Konkrete Fördermaßnahmen umfassen Subventionen von bis zu 1 Milliarde Yen für den Bau von Versorgungsleitungen und die Beschaffung von Wasserstoff aus der Präfektur Yamanashi.
Internationale Kooperationen spielen eine wichtige Rolle in Tokios Wasserstoffstrategie. Im Frühjahr 2022 führte das 116 Meter lange Schiff Suiso Frontier die erste internationale Wasserstoff-Transportreise von Japan nach Australien durch, mit dem Ziel, überschüssige erneuerbare Energien für die Wasserstoffproduktion zu nutzen.
Trotz dieser ambitionierten Pläne zweifeln Experten an der Wirtschaftlichkeit und Effizienz von Wasserstoff. Ende März 2024 waren in Tokio nur 1.633 Wasserstoff-Brennstoffzellen-Fahrzeuge zugelassen, verglichen mit 22.428 Elektrofahrzeugen. Landesweit wurden 2023 nur 422 Wasserstofffahrzeuge verkauft, während batterieelektrische Fahrzeuge 43.991 Einheiten erreichten. Experten empfehlen stattdessen eine fokussierte Elektrifizierung und den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.
Die Kritik an der Wasserstoffstrategie konzentriert sich auf mehrere grundlegende Probleme. Experten wie Francesco La Camera von der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien argumentieren, dass Wasserstoff nicht in Sektoren verschwendet werden sollte, die direkt elektrifiziert werden können. Die Ineffizienz beginnt bereits bei der Produktion: Etwa 30% der Energie gehen allein durch die Elektrolyse verloren. Zudem ist die Energiedichte von Wasserstoff gering, was Transport und Speicherung kompliziert macht. Martin Tengler von BloombergNEF sieht Wasserstoff nur in Nischenbereichen wie dem Langstrecken-Schwerlastverkehr als potenziell sinnvoll an, während andere Experten selbst das infrage stellen.
(Quelle: The Japan Times, 03.11.24)
Erneute Diskussion um die Kernenergie nach Erdbeben auf der Noto-Halbinsel
Die Zukunft der Kernenergie in Japan steht an einem kritischen Wendepunkt, der von wachsenden Sicherheitsbedenken, geopolitischen Herausforderungen und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Energiestrategie geprägt ist.
Eine Dekade nach der verheerenden Atomkatastrophe von Fukushima schien Japan zunächst kurz vor einer Wiederbelebung der Kernenergie zu stehen. Um 2022 befürwortete eine Mehrheit der Bevölkerung die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Kernkraftwerke, und die Regierungspartei LDP drängte auf eine Ausweitung der Atomenergie, um den Energiebedarf zu decken und Kohlenstoffemissionen zu reduzieren.
Die Ereignisse des Jahres 2024 haben diese Pläne jedoch dramatisch verändert. Im Januar ereignete sich das tödlichste Erdbeben des Jahrzehnts auf der Noto-Halbinsel, bei dem über 400 Menschen starben und ein stillliegendes Kernkraftwerk beschädigt wurde. Eine Umfrage des Mainichi Shimbun zeigte, dass 45% der Befragten gegen die Wiederinbetriebnahme von Kernkraftwerken sind, während nur 36% diese befürworten.
In der Küstenstadt Shika, wo der lokale Energieversorger Hokuriku Electric seit einem Jahrzehnt versucht, ein Kernkraftwerk wieder in Betrieb zu nehmen, hat das Erdbeben die Stimmung grundlegend verändert. Der neu gewählte Bürgermeister, der zunächst für eine schnelle Wiederinbetriebnahme eintrat, hat seine Position revidiert. Ortsansässige äußern massive Bedenken über die Sicherheit des Kernkraftwerks, insbesondere angesichts der anhaltenden seismischen Aktivität.
Trotz dieser Herausforderungen argumentieren Energieexperten wie Robert Liew von Wood Mackenzie, dass Kernenergie für Japans Ziel der Kohlenstoffneutralität bis 2050 unerlässlich sei. Der Energiebedarf steige durch neue industrielle Entwicklungen, und erneuerbare Energien seien noch nicht ausreichend skalierbar. Bis Ende März wird Japan einen überarbeiteten Energieplan vorlegen, der den Energiemix bis 2040 definieren wird und die schwierige Abwägung zwischen Energiesicherheit und Sicherheitsbedenken widerspiegelt.
(Quelle: The Japan Times, 02.11.24)
Atomreaktor im Katastrophengebiet von 2011 wenige Tage nach Wiederanfahren erneut ausgeschaltet
Der Betrieb des Onagawa-2-Reaktors im Nordosten Japans wurde Anfang November vorübergehend eingestellt, nachdem Probleme mit einem Messinstrument festgestellt wurden.
Tohoku Electric Power, der Betreiber des Reaktors in der Präfektur Miyagi, hatte das Instrument zur Überwachung der internen Reaktorzustände am Sonntagmorgen manuell bergen müssen. Zwar wurden keine Mängel am Reaktor selbst festgestellt, doch wird vermutet, dass entweder das Instrument oder ein zugehöriges Gerät fehlerhaft ist. Radioaktives Material ist laut dem Unternehmen nicht ausgetreten.
Der Onagawa-2-Reaktor wurde erst am 29. Oktober nach etwa 13 Jahren Stillstand wieder hochgefahren und ist der erste Siedewasserreaktor, der nach der Fukushima-Katastrophe 2011 in Japan wieder in Betrieb genommen wurde. Das Kraftwerk hatte bei dem Erdbeben und der folgenden Tsunami-Katastrophe Wellen von bis zu 13 Metern Höhe standgehalten, während andere Anlagen, wie die Fukushima-Daiichi-Reaktoren, schwer beschädigt wurden. Der Neustart des Reaktors erfolgte nach einer Sicherheitsüberprüfung, die 2020 abgeschlossen wurde, sowie nach Zustimmung der lokalen Behörden.
Der Reaktor sollte ursprünglich am 25. Dezember kommerziell in Betrieb gehen. Die vorzeitige Abschaltung dient nun der Klärung technischer Probleme, bevor die Stromproduktion fortgesetzt werden kann. Tohoku Electric Power betonte, dass die neue Sicherheitsinfrastruktur, die nach der Fukushima-Katastrophe eingeführt wurde, eingehalten wurde und der Vorfall keinen Einfluss auf die Sicherheit des Reaktors oder der Umgebung hatte.
(Quellen: Mainichi Shimbun, 04.11.24; The Japan Times, 04.11.24)
Bis 2030 sollen alle neuen Autos mit Biokraftstoff betrieben werden können
Japan wird die Automobilhersteller dazu drängen, alle neuen Personenkraftwagen bis Anfang der 2030er Jahre biokraftstofftauglich zu machen; ein Aktionsplan des Industrieministeriums wird für nächsten Sommer erwartet.
Japan plant, alle neuen Personenkraftwagen ab Anfang der 2030er-Jahre für die Nutzung von Biokraftstoffen auszurüsten, um die CO2-Emissionen von Benzinfahrzeugen zu reduzieren. Zudem sollen Ölkonzerne bis spätestens 2030 Benzin mit einem Bioethanolanteil von bis zu 10 Prozent anbieten, wobei dieser Anteil bis 2040 auf 20 Prozent steigen soll. Das Industrieministerium erwägt, diese Vorgaben gesetzlich zu verankern und wird im kommenden Sommer einen entsprechenden Aktionsplan verabschieden.
Biokraftstoffe wie Bioethanol, die aus Pflanzen wie Mais und Zuckerrohr hergestellt werden, sollen helfen, CO2-Emissionen auszugleichen, da die Pflanzen während des Wachstums Kohlendioxid binden. Angesichts der Tatsache, dass der Verkehrssektor 2022 für 18,5 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Japan verantwortlich war, davon 85,8 Prozent durch Autos, ist dies ein wichtiger Schritt zur Emissionsreduktion. Zur Unterstützung der Maßnahme plant die Regierung außerdem eine finanzielle Förderung zur Umrüstung von Tankstellen.
(Quelle: The Japan Times, 12.11.24)
Perowskit-Solarstrategie: 20 GW Kapazität bis 2040 geplant
Das japanische Wirtschaftsministerium hat einen Entwurf für die „Strategie der nächsten Generation von Solarzellen“ vorgestellt, um die Verbreitung von Perowskit-Solarzellen zu fördern.
Perowskit-Solarzellen sind eine innovative Photovoltaik-Technologie, die auf Materialien mit Perowskit-Kristallstruktur basiert und vielversprechende Eigenschaften aufweist. Sie zeichnen sich durch hohe Wirkungsgrade von bis zu 25-30% aus, während konventionelle Photovoltaik-Solarzellen, wie polykristalline Siliziumzellen, typischerweise Wirkungsgrade von etwa 15-20% erreichen. Zudem bieten sie niedrigere Produktionskosten und große Flexibilität. Die Zellen können dünn und leicht hergestellt werden und eignen sich sowohl als Einzelzellen als auch in Kombination mit anderen Technologien. Trotz ihrer Vorteile, wie bessere Leistung bei schwachem Licht, stehen sie noch vor Herausforderungen bezüglich Langzeitstabilität und Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen. Die Technologie gilt als wichtiger Kandidat für die Weiterentwicklung der Solarenergie und steht kurz vor der kommerziellen Markteinführung.
Geplant ist vor allem die Nutzung von folien-basierten Solarzellen auf Hausdächern, wobei ab dem Jahr 2025 ein nationaler Markt geschaffen und bis 2040 etwa 20 GW installiert werden sollen. Zur Senkung der Stromgestehungskosten auf 14 Yen/kWh (8,5 ct) bis 2030 und 10–14 Yen/kWh (6,1-8,5 ct) bis 2040 wird der Grüne Innovationsfonds (GI-Fonds) genutzt, um die Entwicklung voranzutreiben. Unternehmen wie Sekisui Chemical und Toshiba sind Teil des Projekts. Schätzungen zufolge wird die Installation auf Dächern den Großteil der Einführung ausmachen.
Die Strategie beinhaltet außerdem die Entwicklung von Tandem-Solarzellen, die als Ersatz für bestehende kristalline Silizium-Module dienen sollen. Besonders Tandem-Module auf Glasbasis stehen im Wettbewerb mit chinesischen Herstellern, was eine gezielte Förderung nationaler Technologien erforderlich macht. Der GI-Fonds wird genutzt, um sowohl die Folien- als auch die Tandem-Technologien voranzutreiben. Bis 2040 wird für Tandem-Solarzellen ein Marktvolumen von 66,8 GW prognostiziert. Diese Technologie hat das Potenzial, die Marktgröße der Dachinstallationen um das Dreifache zu übertreffen.
(Quelle: Nikkei Business Publications, 27.11.24)
Stadtregierung von Tokio startet weltweit erste Handelsplattform für grünen Wasserstoff
Die Stadt Tokio hat eine Handelsplattform für „grünen Wasserstoff“ ins Leben gerufen, der aus erneuerbaren Energien durch Wasser-Elektrolyse hergestellt wird und bei dessen Nutzung kein CO₂ freisetzt.
Dieses weltweit erste Pilotprojekt erfolgt in Zusammenarbeit mit der Tokyo Commodity Exchange und verwendet ein doppeltes Auktionsverfahren, bei dem Verkäufer und Käufer ihre Preise vorschlagen. Um wirtschaftliche Anreize zu schaffen, gleicht die Stadt Tokio die Differenz zwischen den niedrigsten und höchsten Geboten aus, wobei Preisober- und -untergrenzen festgelegt sind. Dieses Projekt zielt langfristig auf die Gründung einer Wasserstoffbörse ab.
Tokio verfolgt das Ziel, bis 2050 die Netto-CO₂-Emissionen auf null zu reduzieren, und fördert daher massiv die Nutzung erneuerbarer Energien. Ein zentraler Baustein dieser Strategie ist die Verbreitung von grünem Wasserstoff, dessen Herstellung derzeit jedoch noch hohe Kosten verursacht. Momentan dominiert in Japan der Einsatz von „grauem Wasserstoff“, der aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Durch das Handelsprogramm und die Subventionierung der Preisdifferenzen soll die Nachfrage nach grünem Wasserstoff gesteigert und dessen Marktanteil erhöht werden.
(Quelle: Tokyo Shimbun, 02.12.24)
DJW Symposium in Tokio, 05.11.2024
Das jüngste Symposium des Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreises (DJW) in Tokio bot eine Plattform für Diskussionen zu den demografischen Herausforderungen Japans und der Integration ausländischer Arbeitskräfte. Gleichzeitig diente die Veranstaltung als Gelegenheit, Netzwerke zu stärken und Partnerschaften zwischen Deutschland und Japan zu fördern. Die persönliche Begegnung vor Ort unterstrich die Bedeutung von Kooperation und den Austausch von Expertise, um gemeinsam drängende Themen anzugehen und nachhaltiges Wachstum zu unterstützen. Das Symposium hob DJWs Rolle als Brückenbauer zwischen Fachleuten und Führungskräften aus beiden Ländern hervor.
„Efficiency First! Approaches to Energy Efficiency in Japan and Germany“, Online-Vorlesung, 13.11.2024
Im Rahmen der digitalen Vorlesungsreihe „Energizing Insights: The Japanese-German Lecture Series on Renewable Energy“ stellte Dr. Tohru Shimizu vom Institute of Energy Economics Japan (IEEJ) Ergebnisse einer Studie des German-Japanese Energy Transition Councils (GJETC) zu Energieeffizienz-Strategien vor.
Die Vorlesungsreihe wurde gemeinsam von der Japanisch-Deutschen Energiepartnerschaft und dem DWIH (Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus) organisiert. Zwischen Mitte Oktober und Mitte Dezember fanden zahlreiche Vorträge statt, die sich auf die Rolle von Energie in Japan und Deutschland konzentrierten. Beispielsweise hatte GJETC-Mitglied Miranda Schreurs am 23. Oktober zur Klimapolitik in Deutschland und Japan referiert. Weitere Themen der Reihe umfassten „grünen“ Wasserstoff, gesellschaftliche Akzeptanz von Erneuerbaren Energien, Biomasse und Solarenergie.
Im Anschluss an die Vorträge war es durch Q&A-Sessions möglich, in den Dialog zu treten. Die Vorlesungsreihe richtete sich vornehmlich an Studierende und Universitätsangehörige, stand jedoch auch anderen Interessierten offen.
Die Studie des GJETC über Energieeffizienz-Strategien finden Sie hier.
Mehr Informationen über die Vorlesungsreihe „Energizing Insights“ finden Sie hier.
Osnabrücker Startup Seedalive gewinnt Preis auf der TechBIZKON in Tokio, 04.12.2024
Im Rahmen der TechBIZKON VIII in Tokio, organisiert von der AHK Japan und internationalen Partnern wie dem Agrotech Valley Forum und der DLG e.V., wurde ein besonderer Erfolg erzielt: Jens Vahnrskuehler vom Startup Seedalive GmbH präsentierte den Keimfähigkeitstest des Unternehmens und gewann den renommierten Plug and Play Award.
Die Veranstaltung unter dem Schwerpunkt Agrifood verdeutlichte die erfolgreiche Zusammenarbeit des deutschen de:hub-Ökosystems. Seedalive, das zuvor am RootCamp in Hannover und am Seedhouse in Osnabrück beteiligt war, zeigt exemplarisch, wie regionale und internationale Partnerschaften Innovationen im Agrar- und Lebensmittelsektor fördern können. Der Erfolg in Tokio unterstreicht die Bedeutung solcher Netzwerke für den globalen Marktzugang.
18. Ratssitzung des GJETC, Stakeholder Dialog & Outreach-Event, 18./19.02.2024
Mitte Februar wird im Institute of Energy Economics Japan (IEEJ) in Tokio die 18. Ratssitzung des German-Japanese Energy Transition Council (GJETC) stattfinden. Einmal mehr kommen hochrangige Expert*innen aus Deutschland und Japan zusammen, um zentrale Themen der Energietransformation zu diskutieren.
In der aktuellen Phase fokussiert sich der GJETC auf zwei Themenbereiche: die öffentliche Akzeptanz von Carbon Pricing-Mechanismen und die Rolle von Kritischen Rohstoffen in Bezug auf erneuerbare Energien. Zu beiden Themen werden im März nächsten Jahres Input Papers veröffentlicht.
Neben der zweitägigen Ratssitzung sind außerdem offene Events geplant. Im Rahmen eines Stakeholderdialogs, Dienstag, 18.02. zwischen 15:30 und 18:00 Uhr JST sind ausgewählte Vertreter*innen von relevanten Industrieunternehmen und Verbänden eingeladen, mit den Ratsmitgliedern zum Thema Akzeptanz von Carbon Pricing-Mechanismen zu diskutieren.
Am Mittwoch, 19.02. um 11:30 bis 12:30 Uhr JST wird es zudem ein öffentliches Outreach-Event („Meet the Co-Chairs") geben. Die Events bieten einen Einblick in die aktuelle Arbeit des Rates, jeweiligen Energiewendestrategien und gemeinsamen Herausforderungen im Bereich Energie und Klimaschutz.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website des GJETC.
Bei Interesse an der Teilnahme an einem der öffenltichen Events wenden Sie sich bitte an:
Johanna Schilling,
jschilling@ecos.eu
18. Deutsch-Japanisches Wirtschaftsforum, Hannover Messe, 01.04.2025
Das Deutsch-Japanische Wirtschaftsforum geht in die 18. Runde. Am 01. April 2025 werden Expert*innen aus Industrie und Politik beider Länder die Herausforderungen, Innovationen und Kooperationsmöglichkeiten diskutieren, welche die Zukunft der industriellen Produktion in Deutschland und Japan formen werden.
Unter dem Titel „Shaping the Future of Manufacturing Together“ werden folgende Themenfelder im Mittelpunkt stehen: Smart Manufacturing, Robotik, KI in Produktion und Logistik, Manufacturing X sowie Digital Ecosystems.
Das Deutsch-Japanische Wirtschaftsforum hat sich in den vergangenen Jahren zu einer etablierten Diskussions- und Kontaktplattform mit hochkarätigen Vorträgen aus der deutschen und japanischen Industrie entwickelt und gilt als eines der meistbesuchten Formate auf der HANNOVER MESSE (2024: ca. 150 Teilnehmer*innen).
Für mehr Informationen und Teilnahmebedingungen: ECOS Consult.